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Brauchen wir noch einen Muttertag?

Strauß verwelkter Rosen in einer Blumenvase

An jedem zweiten Sonntag im Mai, dieses Jahr also am 8. Mai 2022, ist Muttertag. Mit seiner langen Geschichte und Bedeutung hat der Tag in unserer Gesellschaft immer noch großes Gewicht. Doch ist er heute überhaupt noch zeitgemäß? Wir haben Pro und Contra gegenübergestellt.

Der Muttertag kann weg, wenn:

  • er zur Alibi-Veranstaltung zur Wertschätzung von Müttern an einem von 365 Tagen im Jahr wird,
  • er das überholte Klischee der treusorgenden und sich selbst aufopfernden Mutter pflegt,
  • er als perfekter Markteting-Anlass benutzt wird, um Staubsauger, Schmuck oder Töpfe zu bewerben,
  • er Kindern als einziger Tag vermitteln wird, an dem Wertschätzung gezeigt wird, noch dazu für überholte Rollenbilder,
  • er geschichts- und realitätsvergessen als Mutti-mach-mal-Pause-Eintagsfliege zelebriert wird.

Der Muttertag sollte bleiben, wenn

  • wir ihn als feministischen Aktionstag mit dem Schwerpunkt auf Care-Arbeit, also der Sorge- und Betreuungsarbeit, neu interpretieren,
  • wir ihn also nutzen, um den Wert der bezahlten wie unbezahlten Sorge-Arbeit ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Gerade auch in Anbetracht der vergangenen zwei Corona-Jahre und der immensen Belastung von Frauen in dieser Zeit,
  • wir an ihm für eine partnerschaftliche Teilung von Erwerbs- und Sorgearbeit eintreten.

Neubewertung von Sorge- und Betreuungsarbeit notwendig

Ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichstellung ist, die Sorge- und Betreuungsarbeit neu zu bewerten. Sowohl die systemrelevanten Care-Berufe, als auch die Care-Arbeit in der Familie. Beides wird mehrheitlich von Frauen geleistet und ist immer noch zu schlecht beziehungsweise gar nicht bezahlt.

Während der Corona-Pandemie ist die Erwerbsarbeitszeit von Frauen weiter zurückgegangen, während die von ihnen geleistete unbezahlte Sorgearbeit zunahm. Stichwort Homeschooling. Die Reduzierung der Erwerbstätigkeit kann sich für Frauen negativ auf Karriere und Rente auswirken. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie muss daher staatlich von einer besseren und flexibleren Kinderbetreuung flankiert werden. Nur so werden Rahmenbedingungen geschaffen, damit alle Elternteile gleichberechtigt Sorge- und Betreuungsarbeit übernehmen können. Alleinerziehende müssen dabei besondere Unterstützung bekommen

Auch im professionellen Bereich haben wir dringenden Handlungsbedarf: Ob Erzieherin, Krankenschwester, Altenpflegerin oder Arzthelferin – Sorgeberufe sind bislang vor allem weiblich konnotiert. Damit sie für alle Geschlechter attraktiv werden, müssen sie besser bezahlt und mit guten Arbeitsbedingungen versehen werden.