Von den Jobzuwächsen der vergangenen Jahre haben Frauen stärker profitiert als Männer. Das geht aus den neusten Daten des "KammerKompakt" der Arbeitnehmerkammer zur Situation von Frauen auf dem Bremer Arbeitsmarkt hervor. Von den seit 2008 rund 43.000 neu geschaffenen Arbeitsplätzen im Land Bremen gingen mehr als die Hälfte an Frauen. Damit stieg der Frauenanteil bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf inzwischen 43,9 Prozent. Im Bundesländervergleich ist er allerdings mit Abstand am niedrigsten.
Trotz der Jobzuwächse hat die Spaltung zwischen Männern und Frauen hinsichtlich der Beschäftigungsverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt zugenommen. Während aktuell 160.000 Männer eine Vollzeitstelle besetzen, sind es nur knapp 73.000 Frauen.
Eine gute Nachricht ist: Der Frauenanteil unter den hochqualifizierten Beschäftigten ist deutlich angestiegen. Damit steigt auch die Chance von Frauen auf einen gut bezahlten Arbeitsplatz mit Aufstiegsperspektiven. Allerdings sind ganz oben auf der Karriereleiter immer noch vor allem Männer anzutreffen – auch im Land Bremen. Nur 21,2 Prozent der Führungspositionen werden hier zur Zeit mit Frauen besetzt.
Elke Heyduck, Geschäftsführerin der Arbeitnehmerkammer Bremen: "Bremen und Bremerhaven sind von männerdominierten Branchen wie der Hafenwirtschaft und der Automobilindustrie geprägt. Der Branchenmix ist für Frauen also eher ungünstig und politische Initiativen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung sind gefragt". Traditionelle Instrumente wie der Frauenbonus – also mehr Förderung, wenn der Frauenanteil an der Belegschaft sich erhöht – müssten gestärkt, neue Instrumente entwickelt werden. "Wir brauchen eine Förderpolitik für soziale Innovationen, wie zum Beispiel neue Pflegekonzepte im Quartier. So könnte auch die Frauenbranche Gesundheitswirtschaft stärker unterstützt werden", so Elke Heyduck. Insgesamt müsse das Ziel einer erhöhten Erwerbsbeteiligung in allen Bereichen, von der Gründungberatung bis zu digitaler Weiterbildung, viel stärker adressiert werden.
Annette Düring, DGB-Regionsvorsitzende Bremen-Elbe-Weser: "Um die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen wirksam zu bekämpfen, sind Tarifverträge ein wichtiges Instrument. Sie sorgen nicht für eine gleichberechtigte Lohnstruktur, sondern auch für mehr Transparenz." Dies sei deshalb besonders wichtig, weil das Entgelttransparenzgesetz bislang keine Wirkung zeige, so Düring. "Die neue Landesregierung muss sich gezielt für eine höhere Tarifbindung einsetzen. Gerade in Branchen mit niedriger Bezahlung muss Bremen dafür sorgen, Tarifverträge allgemeinverbindlich für alle Unternehmen einer Branche zu erklären." So wie aktuell im Gastgewerbe schon geschehen, sei dies auch ein Weg für die Pflege und den Einzelhandel.
Bettina Wilhelm, Bremens Landesfrauenbeauftragte: "In der Erwerbsbiografie von Frauen gibt es Knotenpunkte, an denen Frauen Entscheidungen treffen, die später buchstäblich auf ihre Kosten gehen – dazu zählt die Berufswahl ebenso wie der Berufseinstieg oder der spätere Aufstieg. Hier müssen wir Strukturen so ändern, dass Frauen mehr naturwissenschaftlich-technische Berufe ergreifen, sie sich Familien- und Pflegearbeit mit dem Partner teilen und nicht automatisch Teilzeit arbeiten und dass sie verstärkt Führungspositionen anstreben. Dazu ist ein breiter Kulturwandel bei den Unternehmen gefragt: Führung geht in Teilzeit, und das gilt natürlich auch für Männer. Hier kann der öffentliche Dienst Vorreiter sein. Berufsorientierung muss deutlich geschlechtssensibel werden und sowohl Mädchen als auch Jungen die ganze Bandbreite vermeintlich typisch weiblicher oder männlicher Berufe erfahrbar machen. Es gibt in Bremen und Bremerhaven dazu viele gute Ansätze, die noch stärker gebündelt und in die Fläche gebracht werden sollten."
Am Montag, 16. September, diskutieren ab 18 Uhr in der Handwerkskammer Fachleute und Politikverantwortliche zum Thema "Gender Gaps: Mehr Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt" - eine Veranstaltung von Arbeitnehmerkammer, DGB und ZGF