Land Bremen. „Immer mittendrin“ lautete der Titel einer Fachtagung, zu der die ZGF gemeinsam mit der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport Ende 2018 eingeladen hatte. Fachleute unterschiedlichster Professionen kamen zusammen, um zu beraten, wie Kinder und Jugendliche, die häusliche Gewalt (mit)erleben, besser unterstützt werden können. Jetzt ist die Fachdokumentation der Beiträge und Ergebnisse erschienen.
Der Fachtag ist Teil des Bundesmodellprojekts "Bedarfsanalyse und -Planung zur Weiterentwicklung des Hilfesystems zum Schutz vor Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt", das neben einer Analyse des Hilfesystems im Land Bremen und einer Bedarfsanalyse auch konkrete Handlungsempfehlungen ermitteln will. Es wird vom Bundesministerium für Frauen, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.
Drei Themenfelder standen im besonderen Fokus der Veranstaltung: Diskutiert wurde zum einen, wie Kinder und Jugendliche mit Erfahrungen häuslicher Gewalt besser erreicht werden können und was getan werden muss, damit sie ihre Rechte wahrnehmen und Hilfe annehmen können. Zentrale Punkte sind hier aus Sicht der Betroffenen Transparenz, Vertrauen sowie kontinuierliche, wenige Ansprechpartner/innen.
Der zweite Schwerpunkt lag darauf, wie die Unterstützung für die von Gewalt betroffenen Frauen/Erwachsenen besser mit der ihrer Kinder verschränkt werden kann. Dies gilt für Gerichtsverfahren, für Interventionen bei Gewaltvorkommnissen durch Polizei und Fachberatungsstellen genauso wie für die Arbeit der Frauenhäuser. Mit Blick auf die Arbeit der Gerichte wurde im Rahmen der Veranstaltung deutlich, dass es häufig Widersprüche zwischen Kindeswohl und Elternrecht gibt und mehr Kenntnisse über die Ermittlung des Kindeswillens notwendig sind. Ansätze von Täterarbeit sollten besser genutzt werden.
Um eine gute Überleitung von einer Akutversorgung in Gewaltfällen in eine längerfristige Unterstützung von Kindern und Jugendlichen zu schaffen, schlagen die Fachkräfte unter anderem vor, einen Runden Tisch „Häusliche Gewalt“ zur Vernetzung der Fachinstanzen einzurichten und Konzepte für Gruppenangebote für betroffene Kinder und Jugendliche aufzulegen.
Auch für die Jugendämter, die für den Kinderschutz stehen, sind die Verschränkung von Verfahren und die übergreifende Zusammenarbeit wichtig. Beides gut zu gestalten, ist eine hohe Anforderung. Darauf bezog sich der dritte Themenschwerpunkt des Fachtags.
Ein Fachforum beschäftigte sich auch mit konkreten Fallbeispielen, anhand derer die Abläufe zwischen Jugendamt und anderen Beteiligten kritisch angesehen wurden. Ergebnis: Im Hilfeprozess wird bisher nicht regelhaft danach gefragt, was das Kind braucht, wenn es sich nicht um eine Kindeswohlgefährdung handelt. Hier sind mehr Transparenz, Vereinbarungen und gemeinsame Fortbildungen der Akteur/innen gefordert, ebenso die Einrichtung von Fallkonferenzen und eine Verbesserung des Ablaufs eines begleiteten Umgangs.
Die zentralen Vorträge sowie Ergebnisse und Diskussionen der Foren mit Fachleuten aus unterschiedlichsten Berufen und Einrichtungen sind in der Dokumentation (pdf, 886.5 KB) nachzulesen.