Aktuell wird über die Ursachen der niedrigen Erwerbsbeteiligung von Frauen am Bremer Arbeitsmarkt diskutiert. Katharina Kunze, stellvertretende Landesfrauenbeauftragte, sagt dazu:
„Es führt kein Weg daran vorbei: Eine der Hauptursachen dafür, dass in Bremen im Bundesvergleich so wenige Frauen erwerbstätig sind, liegt an fehlenden Kita-Plätzen, unflexiblen Betreuungszeiten sowie an der fehlenden Verlässlichkeit der Betreuung. Gleichermaßen muss sich auch in vielen Unternehmen noch einiges ändern, wie beispielsweise mehr flexible Arbeitszeitmodelle oder eine höhere Akzeptanz von Vätern in langfristiger Teilzeit oder in Elternzeit. So lange dies als Karrierekiller gilt, werden wir keinen Kulturwandel in unserer Gesellschaft erreichen.
Im Land Bremen gibt es zudem zwei weitere zielgruppenspezifische Besonderheiten, die noch nicht ausreichend im öffentlichen und im politischen Fokus stehen: Im Vergleich zu anderen Bundesländern lebt hier ein vergleichsweise hoher Anteil an Frauen mit Migrations- und Fluchtbiografie sowie an alleinerziehenden Frauen. Bei migrantischen und geflüchteten Frauen liegt nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) die Erwerbsbeteiligung bis zu 20 Prozentpunkten unter der von Frauen ohne Migrations- und Fluchtbiografie. Es gibt kein Patentrezept, wie sie bestmöglich in den Arbeitsmarkt integriert werden können, da die Frauen keine homogene Gruppe bilden. Damit ihre arbeitsmarktpolitische Förderung gelingt, sind deshalb passgenaue Angebote und Ansprachen notwendig, die die individuellen Kompetenzen, Lebenswege, familiären Situationen und Bedarfe der migrantischen und geflüchteten Frauen erkennen und berücksichtigen.
Bremen muss die vorhandenen spezifischen und vielfältigen Beratungsangebote für Frauen mit Migrations- und Fluchtbiografie langfristig absichern oder ausbauen. Bildungsabschlüsse müssen ihnen über eine auf die jeweilige Frau zugeschnittene Förderung ermöglicht sowie Hilfestellungen bei der Anerkennung ausländischer Qualifikationen geboten werden.
Im Land Bremen haben 27 Prozent der hier lebenden Familien ein alleinerziehendes Elternteil, über 90 Prozent davon sind Frauen. Auch für sie braucht Bremen weitere spezifische Angebote, die kurz- und langfristig wirken können. So zeigt die Erfahrung aus Projekten, dass ein Teil der Alleinerziehenden nur mit einer intensiveren Begleitung beim Einstieg in den Beruf oder bei der Neuorientierung erfolgreich auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen kann.
Wenn es gelingt, diese beiden Zielgruppen besser als bisher zu erreichen und ihnen Wege in den Arbeitsmarkt zu bahnen, ist dies ein wichtiger Beitrag für mehr Erwerbsbeteiligung von Frauen im Land Bremen – die hierauf abzielende Strategie gibt es bereits: Die Landesstrategie Gendergerechtigkeit im Erwerbsleben und Entgeltgleichheit, an der wir mitgewirkt haben und die 28 Maßnahmen benennt, um die Situation von Frauen am Bremer Arbeitsmarkt zu verbessern. Alleinerziehende und Frauen mit Migrations- und Fluchtbiografie sind hier als Zielgruppen ausdrücklich benannt. Auch der Ausbau der Kinderbetreuung und die Ausbildung sowie Quereinstiege von pädagogischen Fachkräften sind in der Strategie bedacht worden. In der Umsetzung der Maßnahmen muss es nun darum gehen, flexibel auf die Erfordernisse der Zielgruppen einerseits und des Arbeitsmarkts andererseits zu reagieren. Öffentliche Debatten wie die derzeit stattfindende sind hilfreich – denn dass Frauen im Land Bremen am Arbeitsmarkt schlechtere Chancen und höhere Armutsrisiken haben, ist seit Jahrzehnten bekannt. Umso besser die hier wirkenden Faktoren herausgearbeitet werden, desto besser wird es gelingen, verfestigte Strukturen aufzubrechen. Der differenzierte Blick auf die Bedarfe verschiedener Zielgruppen muss ebenso dazu gehören."