Das Verfahren zur Abschaffung des Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches, des so genannten Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche, ist in vollem Gange - nach der ersten Lesung im Bundestag hat jetzt der Bundesrat mit Stimmen der CDU-Länder wieder auf die Bremse getreten. In seiner Sitzung vergangenen Freitag hat er sich einer Stellungnahme enthalten. Das ist erst mal nur ärgerlich, und die Bremer Gesundheits- und Frauensenatorin sowie die Justizsenatorin haben darauf reagiert. Nach der zweiten und dritten Lesung des Gesetzentwurfes im Bundestag geht die Sache erneut an den Bundesrat. Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm: "Das Ziel ist und bleibt vor Augen: weg mit § 219a!"
Ärzt*innen, die über Abbrüche und die angebotenen Methoden informieren, machen sich dann nicht mehr strafbar. In unserer heutigen Informationsgesellschaft ist dieser Paragraf ohnehin ein bitterer Witz des letzten Jahrhunderts – mit drastischen Folgen: Die massiven Drohungen und Verfolgungen, durch selbst ernannte Lebensschützer, bestärkt durch Anzeigen nach § 219a, hat Wirkung gezeigt: Ärzt*innen überlegen gut, ob sie Abbrüche durchführen und das auch kommunizieren – und entscheiden sich oft dagegen. Die Unterversorgung von ungewollt Schwangeren ist in manchen Kommunen wie beispielsweise Bremerhaven daher akut. Das liegt auch daran, dass die Methoden der Abbrüche im Studium nicht immer und ausreichend gelehrt werden.
Die Website des Gesundheitsressorts, das seit drei Jahren Namen und Adressen von Orten veröffentlicht, wo Abbrüche vorgenommen werden, zählt fünf Einträge für Bremen und Bremerhaven: vier Kliniken sowie das Medizinische Zentrum von pro familia. Keine einzige Arztpraxis.
Ein immer wieder vorgebrachtes Argument für das Beibehalten des sogenannten Werbeverbots ist die Vorstellung, dass Frauen durch die bloße Information geradezu animiert würden, einen Abbruch vornehmen zu lassen. Was für ein Unsinn, der Frauen ihre Entscheidungsfähigkeit abspricht und sie so geradezu entmündigt. Ungewollt schwangere Frauen sind häufig in einer Notsituation. Sie brauchen alle Hilfe, die sie bekommen können, und das sehr schnell. Dazu zählen auch und vor allem Informationen. Dies als Werbung zu bezeichnen, ist verfehlt und fahrlässig: Denn jetzt müssen Frauen mühsam im Internet nach Informationen suchen, finden dann aber keine medizinisch fundierten Aussagen, sondern landen auf Seiten so genannter Lebensschützer. Aufgrund der dort verbreiteten Falschinformationen verstärkt sich dann noch die Notlage der Frauen. Der Wegfall von Paragraf 219a bedeutet also, dass Betroffene Zugang zu validen Informationen bekommen. Endlich.
Die ersatzlose Streichung des Paragrafen kann nur ein erster Schritt sein. Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen über ihren Körper ist erst dann gewährt, wenn Abtreibung kein Straftatbestand mehr ist. Nächstes Ziel muss sein: Endlich weg mit § 218!