Frauensenatorin Claudia Bernhard lud am späten Freitagnachmittag die Beteiligten des Landesaktionsplans gegen Gewalt an Frauen (pdf, 12.8 MB) in die Bremische Bürgerschaft. In einer Feierstunde bedankte sich Claudia Bernhard bei allen Akteurinnen und Akteuren für die Erstellung des Landesaktionsplans, in dem insgesamt 75 Maßnahmen festgeschrieben wurden, die in den nächsten vier Jahren umgesetzt werden, um Frauen und Kinder im Land Bremen besser vor Gewalt zu schützen. Dazu gehören neben der Schaffung einer zentralen Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen Mitte zur Akutversorgung auch viele Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen, um gegen alle Formen von Gewalt vorzugehen und über Hilfsangebote zu informieren.
Eröffnet wurde der Senatsempfang von Frank Imhoff, Präsident der Bremischen Bürgerschaft. Senatorin Claudia Bernhard und die Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm erläuterten im Gespräch mit Moderatorin Beate Hoffmann zentrale Eckpunkte des Landesaktionsplans und bedankten sich bei allen Beteiligten, die über ein Jahr ressortübergreifend an den Maßnahmen gearbeitet haben. "Mein Dank gilt allen Akteurinnen und Akteuren, die an diesem umfangreichen Werk mitgewirkt haben. Die Zusammenarbeit in den neun interdisziplinär besetzten Arbeitsgruppen und unter Einbeziehung aller Ressorts hat außergewöhnlich gut funktioniert mit dem Ergebnis, dass wir jetzt einen umfassenden Maßnahmenkatalog haben, der als Gesamtstrategie die Handlungsschritte zur Umsetzung der Istanbul-Konvention ermöglicht", sagt Claudia Bernhard. Vor allem die Zusammenarbeit mit dem erstmalig einberufenen Betroffenenbeirat war dabei von großer Bedeutung. "Damit setzen wir ein wichtiges Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Kindern. Besonders dankbar bin ich auch für die Mitarbeit des Betroffenenbeirats, der durch seine Expertise wertvolle Hinweise und konkrete Handlungsaufträge zu den Maßnahmen des Landesaktionsplans gegeben hat. Dieses bundesweit einmalige Pilotprojekt gibt Betroffenen eine Stimme und die Möglichkeit, ihre Erfahrungen einzubringen", so Claudia Bernhard.
"Mit dem Landesaktionsplan tritt Bremen Gewalt an Frauen effektiv entgegen. Das ist auch dringend notwendig, denn sie trifft jede dritte Frau in Deutschland und hat viele hässliche Gesichter: Häusliche Gewalt, sexualisierte Gewalt, Zwangsverheiratung, weibliche Genitalverstümmelung oder Zwangsprostitution sind nur einige Beispiele. Dabei ist Gewalt an Frauen ein gesellschaftliches Problem und keine Privatsache. Nicht die falsche Kleidung, ein falscher Zeitpunkt oder ein falscher Ort sind ursächlich. Vielmehr sind es strukturelle Probleme, die alle Schichten, Kulturen und Altersstufen betreffen. Hier Veränderungen zu bewirken und im Land Bremen Strukturen zu schaffen, die Frauen vor Gewalt schützen, hat sich der Landesaktionsplan zur Aufgabe gesetzt. Die entschlossene Umsetzung der dort verankerten Maßnahmen ist nun der nächste Schritt", erläutert Bettina Wilhelm, Landesfrauenbeauftragte.
Als Gastrednerin war auch Monika Hauser von der Frauenrechtsorganisation medica mondiale eingeladen, die in ihrem Vortrag einen internationalen Blick auf das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen richtete. Dabei betonte sie auch die Wichtigkeit einer feministischen Sichtweise der Politik.
Insgesamt nahmen rund 100 Akteurinnen und Akteure an dem Senatsempfang in der Bremischen Bürgerschaft teil. Nach dem offiziellen Programm blieb ausreichend Zeit für den individuellen Austausch.
Mit der Fertigstellung eines Landesaktionsplans verfügt das Land Bremen über eine umfassende Gesamtstrategie zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Die Steuerung und gemeinsame Federführung der Erstellung des Landesaktionsplans lag beim Stabsbereich Frauen der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz in Zusammenarbeit mit der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF). Zudem stimmte eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe Istanbul-Konvention kontinuierlich den Arbeitsprozess inhaltlich ab. Bis 2025 stellt der Bremer Senat jedes Jahr 550.000 Euro zur Verfügung, um die 75 Projekte und Maßnahmen zu unterstützen. Darüber hinaus wurde ein Betroffenenbeirat eingesetzt, um die Expertise und Perspektive von Gewaltbetroffenen in die Maßnahmenplanung einzubeziehen. Die 75 Maßnahmen umfassen viele Bereiche der unterschiedlichen Formen von Gewalt. Zur Akutversorgung wird eine zentrale Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen Mitte eingerichtet. Darüber hinaus soll es Aufklärungskampagnen und Präventionsprojekte an Schulen geben und die niederschwelligen, anonymen und kostenlosen Angebote für Betroffene sollen ausgebaut werden. Auch die Ausweitung von Schutzräumen, wie Frauenhäusern ist geplant sowie ein Ausbau der psychosozialen Arbeit mit Täterinnen und Tätern.